Erziehung

Das Wissen ist da und zwar schon lange. Hier z.B. drei Zitate von Herbert Spencer aus seinem Buch "Erziehung" aus dem Jahre 1889:

"Wenn aus irgendeinem Zufall keine Spur von uns bis in die fernen Zukunft erhalten bliebe außer einem Haufen unserer Schulbücher oder einigen Prüfungsheften der Schule, so können wir uns ausmalen, in welche Verlegenheit ein Altertumsforscher jener Periode versetzt sein würde, in ihnen kein Zeichen zu finden, dass die Schüler möglicherweise jemals Eltern werden würden.Wir können uns vorstellen, wie er folgendermaßen schließt: "Dies muss der Schulplan für ihre ehelosen Stände gewesen sein. Ich gewahre hier eine fleißige Vorbereitung auf mancherlei Dinge, insbesondere auf die Lektüre von Büchern allerlei Inhalts, aber ich finde nicht die geringste Berücksichtigung der Kindererziehung. Sie konnten nicht so töricht sein, für diese schwerste aller Verantwortlichkeiten jeglichen Unterricht zu unterlassen. Offenbar war das der Schulunterricht einer ihrer Klosterorden".
Ohne Spaß, ist es nicht eine bestürzende Tatsache, dass, obgleich von der Behandlung der Nachkommenschaft deren Leben oder Tod, sittlicher Wohlstand oder Untergang abhängt, dennoch kein Wort der Belehrung über Kindererziehung denen erteilt wird, welche später einmal Eltern sein werden? Ist es nicht haarsträubend, das Schicksal einer neuen Generation den Zufälligkeiten unvernünftiger Gewohnheit, jeweiligen Gemütsregungen, Launen des Augenblicks samt den Einflüsterungen unwissender Ammen und den Ratschlägen vorurteilsvoller Großmütter zu überlassen?
Wenn ein Kaufmann ohne jede Kenntnis des Rechnens und der Buchführung ein Geschäft anfinge, würden wir laut über seine Torheit schreien und unglücklichen Folgen entgegensehen.
Oder wenn jemand, ohne Anatomie studiert zu haben, als Wundarzt aufträte, würden wir uns über seine Dreistigkeit wundern und seine Patienten bemitleiden. Aber das Eltern an die schwierige Aufgabe der Kindererziehung herantreten müssen, ohne auf die Grundsätze derselben in leiblicher, sittlicher oder geistiger Hinsicht, welche sie leiten sollten, auch nur gedacht zu haben, dass erregt weder Erstaunen über die Täter, noch Mitleid mit ihren Opfern." 
(Seite 41/42)

"Auf die Unterdrückung eines Irrtums folgt gemeiniglich ein zeitweiliges Übergewicht des Entgegengesetzten; und so geschah es, dass nach Zeiten, deren alleiniges Streben auf körperliche Ausbildung ging, eine Zeit kam, wo Geistesbildung die einzige Sorge war, wo zwei- bis dreijährige Kinder die Schulbücher schon vor sich hinlegten, und der Erwerb von Kenntnissen für das einzig Notwendige gehalten ward... so kommen wir jetzt zu der Überzeugung, dass für beides, Körper und Geist, gesorgt und so das Ganze zur Entfaltung gebracht werden muss... Die Menschen fangen an einzusehen, dass das erste Erfordernis für den Erfolg im Leben ist, ein tüchtiges Lebewesen zu sein. Das beste Gehirn erweist sich von nur geringem Nutzen, wenn nicht genug Lebenskraft da ist, es arbeiten zu lassen." (Seite 95)

"Wir sind vollständig vorbereitet , von vielen Seiten zu vernehmen, mit alledem werde die Zeit und Arbeitskraft vergeudet, und man würde die Kinder weit besser beschäftigen, wenn man sie ihre Abschriften machen oder ihre Rechentabellen lernen und sich so für den Lebensberuf ausrüsten lasse. Wir würden es bedauern, wenn solch unreife Ideen von dem, was Erziehung ausmacht, und solch enge Vorstellung von Nützlichkeit die Herrschaft besäßen. Wir wollen nichts sagen über das Bedürfnis nach einer systematischen Pflege der Sinne und über den Wert des eben empfohlenen Verfahrens als jenem Bedürfnisse vollkommen entsprechend: wir sind genugsam vorbereitet, dasselbe um der dadurch gewonnenen Kenntnis selbst willen zu verteidigen.
Wenn die Menschen nichts anderes als bloße Spießbürger sein sollen, die über dem Hauptbuche hocken, und keinen Gedanken haben, der über ihr Geschäft hinausgeht; wenn es gut und löblich ist, dass sie wie das Londoner Stadtkind sein sollen, dessen Begriffe vom ländlichen Vergnügen nichts anderes umfassen, als in einem Teegarten zu sitzen, die Pfeife zu rauchen und Porter zu trinken; oder wie der vornehme Herr, der Wälder nur als Plätze betrachtet in denen man schießt, dem unveredelte Pflanzen nichts als Unkraut sind, und der das Tierreich in Wild, Ungeziefer und Vieh einteilt – dann ist es in der Tat unnötig, irgend etwas zu lernen, was nicht unmittelbar zur Füllung der Kasse und Speisekammer beiträgt." (Seite 137)

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